Um diesen Bericht in einem Satz zusammenzufassen: Das Buch ist toll und ein absolutes MUSS für jeden Kaizerfan!

Fangen wir beim ersten Eindruck an. Ich wußte, daß das Buch groß und schwer und beeindruckend sein würde. Als ich es dann aber endlich im Laden gefunden hatte, fiel mir trotzdem die Kinnlade runter - wow! Das Ding ist nicht groß und schwer, es ist riesig und enorm. Und beeindruckend ist gar kein Ausdruck. Der Einband ist edel, auf alt getrimmt, dicke graue Pappe. Das Papier ist dick und schwer und paßt genau zum Gesamteindruck des "alten Antiquariatbuchs". Die Bilder, größtenteils in schwarz-weiß, sind eher Teil des Textes als Ergänzungen, zusammen ergibt es ein perfektes Gesamtbild. Ein kleines Minus dabei ist, daß die Bilder dadurch natürlich auf dem normalen Papier matt gedruckt sind. Nicht, wie man es von anderen Büchern kennt, zumindest teilweise auf Hochglanzpapier. Das würde aber überhaupt nicht in das Buch hineinpassen, insofern ist das absolut kein Kritikpunkt. Man hat nur manchmal das Gefühl, daß man auf Hochglanzpapier mehr Details erkennen könnte - obwohl das wahrscheinlich gar nicht stimmt.

Beim ersten Durchblättern stand ich mit offenem Mund da - es ist einfach Wahnsinn, wieviel in so ein Buch reinpaßt! Und der Aufbau ist auch eine gute Idee: Pro Konzert der Tour gibt es ein Kapitel. Dieses Kapitel ist dann nochmal in zwei Teile unterteilt: Zuerst geht es um das aktuelle Geschehen, also darum, was auf Tour Interessantes passiert ist. Keine Konzertberichte, sondern Anekdoten vom Tag, Gespräche, Eindrücke. Danach kommt dann der geschichtliche Rückblick, vom Keller zu Hause in Bryne bis zum Maestro-Album, womit sich dann der Kreis schließt - denn das Buch beginnt mit dem ersten Konzert der Maestro-Tour.

Die beiden Elemente der Kapitel sind auch optisch schön voneinander abgesetzt, was die Trennung ganz klar macht. Einziger Makel dabei - durch die sehr kurze Zeilenlänge beim "aktuellen Teil" werden recht viele Wörter getrennt. Was an sich kein Problem wäre, wenn wir arme Nicht-Norweger damit nicht noch mehr Probleme mit dem Nynorsk hätten... Ich habe lange überlegt, was denn forster-karar sein könnten. =;-)

A propos Nynorsk. Ja, natürlich ist es schwer zu lesen - aber nach zwei Seiten hat man sich dran gewöhnt. Wer also einigermaßen Norwegisch versteht und entweder gut "drüber lesen" kann oder nichts dagegen hat, hin und wieder mal ein Wörterbuch in die Hand zu nehmen, wird keine Probleme haben. Man versteht sicher nicht alles - aber auch wenn man nur einen Bruchteil versteht, das lohnt schon!

Es steht wahnsinnig viel in dem Buch. Eigentlich alles, was man als Fan so wissen will - und auch einiges, was man eigentlich lieber gar nicht wissen will. Ich hatte vorher schon ein paar Bedenken, ob ich denn überhaupt so einen klaren Einblick ins Bandleben haben will. Die Zweifel sind geblieben. Vielleicht wäre es angenehmer, nur zu vermuten, was die "dunklen" Seiten des Rockstardaseins sind, als es schwarz auf weiß zu lesen. (Und nein, ich rede nicht von Sex, Drugs & Rock'n'Roll, sondern eher z.B. von den "Millionen", die man so scheffelt...) Dennoch, diese Teile einfach rauszulassen, hätte das Buch unvollständig gemacht.

Und die Anekdoten und Geschichten, von heute wie von früher, sind wunderschön zu lesen. Ich hab einige Male Tränen gelacht. Und gerade für mich, die ich ja einige der Konzerte auf Tour mitgemacht habe, ist es klasse, auch mal den Hintergrund einiger Geschichten zu erfahren. Z.B. habe ich mitgekriegt, daß Geoff Berner mal im Taxi dem Bus hinterherfahren mußte - der ganze Rest der Geschichte (den ich jetzt aber aus Spoilergründen nicht widergeben werde, das MUSS man selbst lesen!) blieb mir allerdings verborgen. Und das Buch füllt da so einige Lücken, muß ich sagen. Und für mich ist es natürlich auch toll, teilweise noch meine eigenen Erlebnisse dazu zu haben. Die Schilderung des Rheinkultur-Konzerts zum Beispiel finde ich perfekt, genau so hätte ich es auch erzählt. Oder die Sache mit dem heißen Berlin-Konzert und den Reaktionen darauf - da kann ich mich auch noch an aufgeregte SMS erinnern... *g*

Damit dieser Bericht kein reines "in den Himmel loben" wird, hab ich noch zwei kleine Kritikpunkte.
Einerseits finde ich es teilweise etwas irritierend, daß die Bilder nicht von den beschriebenen Konzerten sind. Das ist grundsätzlich natürlich verständlich, denn es gibt ja so viele tolle Bilder von allen möglichen Konzerten, die ins Buch rein müssen - es wäre schade, die einfach wegzulassen und durch schlechtere zu ersetzen, die dann aber zum Text passen. Aber eine Verbesserung wäre es, bei jedem Bild kurz anzumerken, auf welchem Konzert es geschossen wurde. Ich kann zwar einige zuordnen, aber lange nicht alle.
Punkt zwei ist, daß es mir so vorkommt, als würden die Kapitel gegen Ende immer kürzer. Das kann natürlich auch reine Einbildung sein, weil ich gegen Ende immer schneller lese - wer weiß. Aber ich glaube, es ist auch objektiv so. Das ist vielleicht keine allzu glückliche Einteilung, es wirkt ein bißchen, als ginge am Ende "die Luft aus" und das Buch sollte schnell fertig werden. =;-) Man hätte also den "Geschichtsteil" der Kapitel evtl. etwas besser aufteilen können, so daß auch am Ende noch Material übrig ist.

Aber das sind alles keine großen Kritikpunkte. Insgesamt ist das Buch einfach beeindruckend, super geschrieben und es enthält mehr, als ich je erwartet hätte. Die Bilder sind klasse, die Aufmachung edel - was will man mehr?

(Also, außer dem zweiten Teil in fünf Jahren, natürlich!)

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Rezension des Kaizerbuchs "Kontroll på kontinentet"